Dank dem mutigen Konzept des Architekturbüros Barão-Hutter, St. Gallen, konnte die ehemalige Reithalle aus dem 19. Jahrhundert in Aarau in einen multifunktionalen Spielort für Künstler und Publikum verwandelt werden. Ob Theater oder Konzert ist dabei zweitrangig. Durch den Erhalt des großen, fast ehrwürdig wirkenden „leeren Raumes“, der nur durch verschiebbare Elemente wie Tribünen, Podeste, textile Deckensegel und Raumteiler an die Art der Aufführung und die Größe von Orchester und Publikum angepasst wird, bleibt das Gebäude uneingeschränkt nutzbar.
Die 22 Meter breite und 80 Meter lange, stützenfreie Halle wurde behutsam an die neue Nutzung angepasst. Der ehemals weiche Späneboden im Inneren wurde ausgekoffert und durch eine Ortbetondecke ersetzt. Darauf wurden eine Fußbodenheizung und weitere Versorgungsleitungen verlegt. Den Abschluss des Bodens bilden Dielen aus Pechkiefer. Diese bedecken jedoch nicht nur den Boden, sondern werden an den Jurakalksteinwänden der Halle noch ein Stück nach oben gezogen. Eine kleine Hommage an die ehemalige Nutzung als Reithalle, in der früher an den Wänden ein Reitschutz angebracht war.
Die historische Dachkonstruktion verleiht der Reithalle ihre besondere Erhabenheit – und konnte dank ihres guten Erhaltungszustands sichtbar erhalten bleiben. Um den heutigen Anforderungen eines modernen Veranstaltungsorts gerecht zu werden, war jedoch eine technische Aufwertung notwendig. Bereits ursprünglich waren Zugstäbe in das Dach integriert, doch für die neue Nutzung reichte das nicht aus: Zusätzliche Zugstäbe wurden erforderlich.
Hier kam das BESISTA® Stabsystem zum Einsatz. Vier massive Schwerlastträger durchziehen nun das Dach über die gesamte Länge. An ihnen lässt sich die komplette Bühnentechnik flexibel mit Kettenzügen befestigen. Quer dazu verlaufen die filigranen BESISTA® Zugstäbe, die direkt am historischen Dachstuhl verankert sind. Die Kombination aus feuerverzinktem Stahl, schwarzem Trägerstahl und dem massiven Holz schafft einen spannenden visuellen Kontrast – technisch funktional und zugleich gestalterisch reizvoll.
Die Zugstäbe dienen nicht nur der statischen Verstärkung, sondern auch als elegante Aufhängung für die Beleuchtung im Industriestil, die den Charakter der Halle unterstreicht. Das neue Hallendach wurde als zusätzliche Überdachung auf die bestehenden Außenwände aufgesetzt und übernimmt die Funktionen des Wärme- und Schallschutzes.
Durch diese behutsame Sanierung entstand ein Bauwerk, das heutigen technischen Anforderungen entspricht, ohne seine historische Leichtigkeit zu verlieren. Die Zugstäbe tragen wesentlich dazu bei, dass das Dach trotz seiner neuen Funktionen nicht schwer oder erdrückend wirkt – sondern offen, durchdacht und architektonisch ausgewogen.
Die ehemalige Reithalle in Aarau ist ein gelungenes Beispiel kreativer Umnutzung historischer Bausubstanz. Mit wenigen Eingriffen und flexiblen Elementen wurde ein vielseitiger Raum für kulturelle Veranstaltungen geschaffen, der die ursprüngliche Architektur respektiert und zur Geltung bringt. Die Reithalle ist damit ein Ort, an dem sich Vergangenheit und Gegenwart, Tradition und Innovation, Kunst und Technik begegnen und bereichern.